Sie sind hier: 

    „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben“

    Tagungsbericht zum Einkehrtag zur „eigenen Endlichkeit“ in Bingen

    Bingen – Nach der Begrüßungsrunde im schönen Hildegardisforum in Bingen gab es einen praktischen Impuls zu der Frage: „Bin ich gut geerdet, oder bringt mich schon ein kleiner Stups aus dem Gleichgewicht?“ Ein Meditativer Tanz lenkte den Blick auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
    In Joh. 10,10 ist es uns zugesagt: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben“, wie es schon in der Einladung zu diesem Seminartag hieß und auch in der Begrüßung deutlich wurde.
    Es geht darum zu begreifen, dass der Mensch sterblich ist und nicht ewig hier bleibt, damit er das Potential seines Lebens voll ausschöpfen kann.
    Zu Lk 12,13-21 konnten sich dann alle unter der Anleitung von Pastoralreferentin Hildegard Forster nach der Methode eines sozialtherapeutischen Rollenspiels in einer konkreten Situation einfinden, die uns das Gleichnis vom Bauern und seinen gut gefüllten Scheunen ganz real vor Augen führte. Es folgte eine lebhafte Diskussion mit kontroversen Antworten, weil das Geschehen aus unterschiedlichen Perspektiven gesehen und bewertet wurde: Ist es nun Vorsorge oder ist es Raffgier, wenn ein Bauer sich in einem guten Erntejahr neue Scheunen bauen und einen großen Vorrat anlegen will. Wie gehen wir damit um, dass Gott jederzeit unser Leben von uns zurückfordern kann?  Das Vertrauen in Gott wird immer unsere einzige Option sein, weil es für niemanden eine Sicherheit für ein langes und erfülltes Leben gibt.
    Nach der Mittagspause ging es darum, was Menschen am Ende ihres Lebens am meisten bedauern. Die Frauen sollten sich in Stille überlegen, was sie noch tun würden, wenn sie nur noch ein Jahr zu leben hätten. In einer Partnerübung konnten sich die Frauen dann darüber austauschen, was ihnen noch zu tun bliebe, was ihnen noch wichtig wäre. Letzten Endes zeigte es sich, dass die Anwesenden schon sehr gelassen waren in Bezug auf Wünsche und Träume. Hier wäre es bei jüngeren Frauen sicher zu einem anderen Ergebnis gekommen.
    Nach einer Achtsamkeitsübung mit Erdbeeren ging es in die Kaffeepause.
    Mit einem Gottesdienst mit Agapefeier endete der Einkehrtag. Die Lesung aus Kohelett 3,1-8 stellte uns deutlich vor Augen, dass alles seine Zeit hat. Die Geschichte vom Gänsehirten und dem Tod brachte uns ins Bewusstsein, dass der Tod immer auch ein Teil des Lebens ist. Der Segen war besonders beeindruckend und schenkte den Frauen mit vielen spontan dazu gesungenen Liedern ein besonderes Gefühl des Angenommenseins.
    Zum Schluss durfte sich jede eine Erdbeerpflanze mit nach Hause nehmen, damit ihr mit jeder Frucht eine Erinnerung an die Fülle des Lebens geschenkt wird.

    Text und Foto: Roswitha Hillen