Bücher des Monats November:

Haneen Al-Sayegh: Das unsichtbare Band

Haneen Al-Sayegh: Das unsichtbare Band, dtv (2024)

 

Im November zum Internationalen Tag zu Beseitigung der Gewalt gegen Frauen stelle ich Ihnen/Euch einen neuen, sehr lesenswerten Roman aus dem Libanon vor.

„Freiheit ist unteilbar, und es gibt drei Kriterien, an denen der Fortschritt einer Gesellschaft gemessen werden kann: Wie diese Gesellschaft die Frauen behandelt, wie sie Kinder erzieht und wie sie mit ethnischen und religiösen Minderheiten umgeht“.(Seite 207)

In den Bergen des Libanon wächst die junge Amal in der strengen, patriarchalischen Religionsgemeinschaft der Drusen auf. Sie will nur eines: die Schule besuchen und studieren, doch Mädchen haben dort keine Rechte. Der Großvater lässt zwischen sich und seiner Frau eine Mauer errichten.
Die Mutter von Amal darf immerhin Brot backen, und damit bezahlt sie das Schulgeld ihrer Töchter. Backen ist ein Beruf, der den religiösen Frauen ein erlaubtes Einkommen sichert, da sie ihn von zu Hause aus ausüben können und ihnen Freiheiten bietet.
Als Amal, die jüngste, mit fünfzehn verheiratet wird und das Elternhaus verlässt, schweigt die Mutter. Unbeirrt, wenn auch gegen viele Widerstände, geht die junge Frau ihren Weg und beginnt zu begreifen, was es heißt, selbstbestimmt zu leben und wahrhaftig zu lieben.

Haneen Al-Sayegh erzählt in ihrem Debütroman das Leben und Aufwachsen in einer strengen Religionsgemeinschaft der Drusen im Libanon. Sie „zeigt, wie ein patriarchalischer Mikrokosmos seit Jahrhunderten funktioniert. Starr, beengt, aber auch Halt und Identität gebend. Und wie sich Amal draus befreit, auch wenn "das unsichtbare Band" sie immer mit ihrer Herkunft verbindet. … Die Autorin „pflegt einen anschaulichen und schonungslos ehrlichen Schreibstil. "Das unsichtbare Band" ist eine höchst lesenswerte, emotionale wie intellektuelle Auseinandersetzung mit Herkunft, Familie und Gemeinschaft.“ Kommentar WDR 5.

Amal steht stellvertretend für viele Frauen, die heute im 21 Jahrhundert, in einer patriarchalen Gesellschaft und Religionsgemeinschaft aufwachsen, geprägt von Willkür und Gewalt. Der Roman ist mehr als die Erzählung eines Einzelschicksals. Er steht für die Unterdrückung und Herabwürdigung von Frauen weltweit. Vielleicht kann so auch der Titel „Das unsichtbare Band“ interpretiert werden. Ein Band zwischen Frauengenerationen über kulturelle und religiöse Grenzen hinweg und eine besondere Verbindung zwischen Mutter und Tochter. Petra Erbrath, kfd-Diözesanvorstand


Viveca Sten: Kalt und still – Ein Polarkreis-Krimi

Viveca Sten: Kalt und still – Ein Polarkreis-Krimi, dtv (2023)


Wer Krimifan ist und eine Vorliebe für Schweden hat, wird bei diesem Polarkreis-Krimi sicher gerne mit der in Ungnade gefallenen Polizistin Hanna Ahlander ermitteln.

Vordergründig geht es um einen Mordfall. Doch bei genauerem Hinschauen kommt sehr viel mehr zum Vorschein: Ausbeutung, Geldgier, das Gefühl der Unzulänglichkeit. Zudem spielen ganz unterschiedliche Familien eine Rolle und das Streben nach Anerkennung und Geborgenheit. 

Der Roman ist spannend, wie es sich für einen Krimi gehört. Aber er schaut auch genau auf Emotionen und menschliche Befindlichkeiten. Diese Mischung spricht an und lässt die Leserin und den Leser mit fiebern, bis der Fall gelöst ist. Roswitha Hillen, kfd-Diözesanvorstand