Weihnachten - 25. Dezember

Als ich Jugendlicher war, gab es bei uns zuhause am 1. Weihnachtstag noch eine frühe Messe. Die nannte sich ‚Hirtenamt‘. Erst später habe ich verstanden, dass der Name sich vom Evangelium ableitet, das für die Messe am Morgen des 1. Weihnachtstages vorgesehen ist. Das Lukasevangelium wird dort weitergelesen, wo der Abschnitt in der Christmette endete: „Als die Engel von den Hirten in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Lasst uns nach Bethlehem gehen, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr kundgetan hat!“ In meiner Erinnerung hat dieser Gottesdienst eine besondere Stimmung: Der Jubel der Nacht ist verklungen, die Freude über die Geburt Jesu sucht sich nun ihren Weg, bringt Menschen in Bewegung. Eine Mischung aus Ruhe, Dankbarkeit und Erwartung, wie es nun weitergehen wird.

In der zweiten Lesung des ‚Hirtenamtes‘ aus dem Brief von Paulus an Titus heißt es: „Als die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes erschien, hat er uns gerettet – nicht aufgrund von Werken der Gerechtigkeit, die wir vollbracht haben, sondern nach seinem Erbarmen.“ Das ist das Geschenk von Weihnachten: Gott nimmt mich an, nimmt auch die an, mit denen ich mir schwer tue. Gott ist ein*e Menschenfreund*in.

„Lasst uns nach Bethlehem gehen…“

Wo kann ich heute staunen über das Handeln Gottes am Menschen, an mir?

Vielleicht brauche ich gar nicht weit zu gehen, um nach ‚Bethlehem‘ zu kommen. Im Spiegel an der Wand kann ich spüren, was die Hirt*innen nach ihrem Besuch empfinden: „Sie rühmten Gott und priesen ihn für alles, was sie gehört und gesehen hatten.“ Gott in mir. Gott in jedem Menschen. Diese Würde ist unantastbar. Weihnachten kann zum Segen werden.

„Lasst uns nach Bethlehem gehen…“

Wo liegt ‚Bethlehem‘ heute für mich? Zu wem möchte ich aufbrechen – in Dankbarkeit, vielleicht mit einem guten Wort, einer bestärkenden Geste?

„Lasst uns nach Bethlehem gehen…“

Wir wünschen allen gesegnete und friedvolle Weihnachten.

Text und Bild (Detail der Krippe in Niederbettingen/Eifel): Andreas Paul, Weihnachten 2024